Im Pansen der Wiederkäuer leben Milliarden Mikroorganismen, die das Futter fermentieren und so Energie für das Tier bereitstellen. Unter ihnen sind die Methanbildner (Archaeen) seit Millionen von Jahren fest verankert – ein deutliches Zeichen dafür, dass sie eine wichtige Funktion erfüllen.
Obwohl Methanbildung auf den ersten Blick als Energieverlust erscheint, hat sie eine zentrale physiologische Bedeutung:
Die Methanbildner entfernen Wasserstoff (H₂), der bei der Fermentation entsteht, und halten so das Redoxgleichgewicht im Pansen stabil. Dieses Gleichgewicht ist entscheidend, damit die Bakterien weiter effizient arbeiten und kurzkettige Fettsäuren (SCFAs) produzieren können – die wichtigste Energiequelle der Kuh.
In der aktuellen Diskussion um Methanreduktion, etwa durch Zusätze wie 3-NOP, wird dieser Zusammenhang häufig übersehen. Zwar sinkt dabei die Methanemission deutlich, doch der nicht mehr verwertete Wasserstoff wird dann einfach abgeatmet – oder das fein abgestimmte Redoxsystem im Pansen gerät aus der Balance.
Die Natur hat dieses mikrobielle Zusammenspiel über Millionen Jahre evolutionär optimiert – Eingriffe müssen daher immer das ganze System berücksichtigen, nicht nur ein einzelnes Gas.
Ein Schlüssel dafür ist das sogenannte Cross-Feeding:
Im Pansen leben Mikroben in enger Kooperation. Viele Bakterien produzieren bei der Verdauung von Pflanzenfasern Wasserstoff und Kohlendioxid, die wiederum als „Futter“ für Methanbildner dienen. Diese entfernen den Wasserstoff und ermöglichen so, dass die bakterielle Fermentation weiterläuft. Fehlt dieser Austausch, staut sich Wasserstoff an – die Fermentation verlangsamt sich, und das gesamte mikrobiologische Gleichgewicht kann kippen.
Methanbildner sind daher nicht nur Endverbraucher, sondern ökologische Stabilitätsanker im mikrobiellen Netzwerk des Pansens.
Zudem mehren sich Hinweise, dass die Aktivität der Pansenmikroben – einschließlich der Methanbildner – auch Signale an das Gehirn senden kann. Über Stoffwechselprodukte, Entzündungsprozesse oder sogar gasförmige Signalstoffe wie Methan selbst könnte eine „Rumen–Brain Axis“ existieren, die Futteraufnahme, Stoffwechsel und Wohlbefinden beeinflusst.
Methanbildner sind also weit mehr als „Verursacher“ von Emissionen: Sie sind integraler Bestandteil eines evolutionär optimierten Systems – und tragen mit zur Gesundheit und Effizienz der Kuh bei, auch wenn sie dabei Methan produzieren.